Möchte man seine eigenen vier Wände überwachen, gibt es prinzipiell zwei technische Herangehensweisen – Entweder zeichnet man die Videos der Kameras lokal auf oder die Kameras schicken die Aufnahmen ins Internet. Beide Varianten kann man noch unterschiedlich realisieren aber darum soll es in diesem Beitrag nicht gehen.
Hier soll es um die Google Nest Kameras gehen, eine Kamera die nach dem zweiten Prinzip funktioniert, also das Internet als Datenspeicher nutzt und darum, dass ich mich etwas wundere, dass diese Produkte überhaupt gekauft werden.
Google hat schon vor einiger Zeit die Firma Nest aufgekauft, die zum Beispiel durch einen Thermostat oder einen Rauchmelder bekannt geworden waren. Mit der Nest Cam Indoor hatte man schon länger eine Überwachungskamera im Programm und nun wurde die Outdoor-Version davon vorgestellt, die Nest Cam Outdoor.
Vorweg: Die Nutzung kann ganz schön teuer werden.
Besondere Funktion
Überwachungskameras für zu Hause gibt es von vielen Herstellern und jeder versucht natürlich irgendein Alleinstellungsmerkmal einzubauen. Bei den Nest-Kameras ist es die intelligente Bewegungserkennung.
Damit nicht jedes Haustier oder Auto, jede wackelnde Mülltonne oder jeder Baum im Wind einen Bewegungsalarm auslöst, werden die Videos mit Hilfe von Googles Deep-Learning-Algorithmus untersucht. Nur wenn es wirklich ein Mensch im Bild war, soll Alarm ausgelöst werden. Auch Gesichter sollen erkannt werden, vermutlich wird man einstellen können, dass nur bei unbekannten Gesichtern ein Alarm gemeldet wird. Klingt doch ganz gut.
Google, Cloud, Sicherheit
Hat aber einen Haken – Die Analyse findet nicht lokal in der Kamera oder im eigenen Netzwerk statt sondern auf Googles Servern in der Cloud. Damit das funktioniert, muss die Kamera ununterbrochen einen Video-Stream ins Netz stellen. Laut Google erfolgt die Übertragung verschlüsselt, wie sicher das auf Dauer ist?
Googles Server benötigen das Bildmaterial für die Analyse und ich gehe nicht davon aus, dass die Kamera selbst das Bildmaterial aufbereitet um nur abstrakte Tags oder Vektoren auf die Server zu laden. Dagegen spricht auch die Tatsache, dass man sich als Nutzer seine Aufzeichnungen jederzeit von Googles Server ansehen kann. Die Cloud als Datenspeicher für die Überwachungskameras – Was soll da schon schiefgehen? wink
Einfache Montage oder Konzeptfehler
Wie die Indoor-Kamera wird auch die Outdoor-Version magnetisch befestigt. Hat man also bereits eine Metallplatte an einer Außenwand, kann man die Kamera dort einfach anhaften lassen. Für die Stromzufuhr meint Google, dass man nicht durch Wände bohren müsste, sie denken also vermutlich an Außensteckdosen – Ist ja einfacher als umständlich Stromkabel durch die Außenwände zu legen. Die Übertragung ins Netzwerk erfolgt ausschließlich über WLAN.
Zugegeben, die Installation dürfte damit sehr leicht fallen. Aber ist das auch gut?
Jemand sieht die Kamera, folgt dem Kabel bis zur Steckdose, zieht den Stecker, fertig. Hat der Eindringlich die Kamera schon von Weitem sehen können stehen die Chancen gut, dass er nicht auf dem Video zu sehen ist.
Da die Kamera außerdem einfach abgezogen werden kann – sie klemmt ja nur magnetisch – könnte sie danach einfach weg sein. Selbst wenn die Stromzufuhr nicht von einer Außensteckdose kam und das Stromkabel fest verlegt wurde, so ein Stromkabel ist doch recht schnell durchgeschnitten…
So richtig überzeugen kann mich die Installation nicht.
Schwachstelle Bauform
Ich habe diese Nest Cam Outdoor noch nicht selbst im Einsatz gehabt und kenne auch niemanden, daher basiert dieser Abschnitt nur auf den Produktbildern.
Die Outdoor-Kamera hat keine Schutzkappe oben. Wenn die Kamera also nicht unter einem Vordach installiert wird, dürften sich bei Regen viele Tropfen auf der Optik sammeln was wiederum die Bildqualität beeinträchtigen dürfte.
Sollte im Lieferumfang keine aufsteckbare Schutzkappe sein, wäre das ein echter Designfehler in meinen Augen.
Kostenfalle
Die Nest Cam Indoor und die Nest Cam Outdoor sollen jeweils $199 kosten. Das ist am oberen Ende der Mitbewerber wie Netgear, Netatmo und anderen aber für eine Full-HD-Kamera mit Gegensprechanlage durchaus nicht überzogen, wie ich finde.
Möchte man die Kamera im vollen Umfang nutzen, also mit dem Alleinstellungsmerkmal der Personen- und Gesichtserkennung, ist die Google-Cloud dafür notwendig und die gibt es nicht kostenlos.
Möchte man die letzten 10 Tage Video speichern, werden $10/Monat bzw. $100/Jahr fällig. Sollen es die letzten 30 Tage Video sein, ist man bei $30/Monat bzw. $300/Jahr. Quelle: Nest-Store. Ich finde es durchaus nicht gut, dass man diese Daten erst im Store sieht und nicht auf der Produktseite, wo für mich auch beim zweiten und dritten Durchscrollen und Lesen nicht klar war, dass Folgekosten fällig würden.
An diesen Abo-Preisen irritiert mich aber etwas. Im Store ist zu lesen, dass die 24/7 Full-HD-Aufzeichnung bei 140 GB/Monat liegen soll.
- Für $100/Jahr soll man 100+ GB bekommen (was auch immer das + bedeutet). Warum soll dieser Platz dann nur für 10 Tage reichen?
- Warum sollen 300+ GB für 30 Tage nötig sein?
- Was für eine Internetleitung muss man wohl haben, damit das überhaupt funktioniert?
Den letzten Punkt habe ich mal überschlagen. 140 GB/Monat entsprechen etwas über 3,3 MB/Minute. Das wären dann etwa 0,44 MBit/s Upload! Meine 2-MBit-Leitung schafft das schon mal nicht mehr bigsmile Und was passiert, wenn Ihr mehr Kameras nutzt? Zum Beispiel zwei draußen und zwei drinnen? Fast 1,8 MBit/s Upload reserviert für die Kameras – Das macht auch dickere Leitungen ziemlich dicht? Die monatlichen bzw. jährlichen Kosten gehen dann auch die Höhe, $5/Monat für jede weitere Kamera, also noch mal $15/Monat oben drauf.
Wenn ich das richtig verstehe, werden auch tatsächlich ständig Daten auf die Server geladen für die Mustererkennung. Es scheint keinen lokalen Puffer für einige Sekunden zu geben, um die reine Bewegungserkennung lokal zu machen und erst im Meldungsfall Daten zum Server zu schicken – man könnte dann ja immer noch nachsehen, ob es ein unbekannter Mensch war, ohne 24/7 Videos hochzuladen.
Fazit
Das Konzept überzeugt mich nicht. Sehr teures Abo-Modell um seine privaten Aufnahmen speichern und ansehen zu können. Wenn ich es richtig verstehe, dann braucht man eine verdammt dicke Leitung für eine sinnvolle Nutzung. Der Diebstahl der Kamera ist sehr einfach.
Da erscheint mir das Konzept der Netatmo Welcome durchdachter. Die Indoor-Kamera analysiert das Video lokal auf Bewegung und Gesichter. Die Aufzeichnungen werden auf Wunsch auf eigene FTP-Server oder Dropbox gestellt und der Cloud-Zugriff über das Netatmo-Konto beschränkt sich auf die Vermittlung zur lokalen Kamera, die Kommunikation selbst läuft immer zwischen Endgerät und Kamera – so habe ich die Beschreibung jedenfalls verstanden. Eine Outdoor-Kamera ist auch bereits angekündigt.
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