Kürzlich stellte ich die Frage, ob ich wohl zum Kaffeetrinker werde? Dort könnt Ihr nachlesen, wie es überhaupt dazu kam, dass ich mit diesem Thema befasse. Eine endgültige Antwort kann ich noch nicht geben. Ich kann aber bestätigen, dass ich inzwischen zum Kaffeeprobierer geworden bin und dass ich Spaß daran gefunden habe, mich mit dem Thema intensiver zu beschäftigen.
Ich hatte geschrieben, dass ich mir eine Bayreuther Kanne bestellt hatte und diese ist inzwischen nicht nur angekommen sondern sie wurde auch intensiv genutzt. Zusammen mit der handbetriebenen Kaffeemühle, der Porlex JP-30, wird die Kaffeezubereitung zu einem kleinen Ritual. Ich möchte diesen Beitrag nutzen, um meine Eindrücke nach den ersten Nutzungen zu schildern.
Die Kanne
Das Besondere an der Bayreuther Kanne (die moderne Bauform der Karlsbader Kanne) ist, dass der Kaffee ohne Papierfilter zubereitet wird. Stattdessen nutzt man einen Porzellanfilter. Die Kanne besteht aus mehreren Teilen:
- Die eigentliche Kanne. Sie steht, wer hätte das gedacht, ganz unten. Hier läuft der fertige Kaffee hinein.
- Der Porzellanfilter. Er wird einfach auf die Kanne gestellt. Der Filter ist im Grunde ein relativ feines Sieb, das komplett in das Porzellan eingearbeitet wurde. Es sind sehr schmale Schlitze die in zwei Ebenen versetzt übereinander liegen. Die gemahlenen Kaffeebohnen kommen in diesen Filter und werden dann mit heißem Wasser übergossen.
- Ein Wasserverteiler oder Regner. Das ist ein Porzellaneinsatz, der von oben auf/in den Filter gesteckt wird. Es ist quasi eine kleine Schale mit ein paar groben Löchern am Rand. Das heiße Wasser wird dort hinein gekippt und fließt dann durch die Löcher als Regen auf das Kaffeepulver.
- Ein Deckel. Dieser passt oben auf den Regner, er passt auch direkt auf den Filter und natürlich passt er auch auf die Kanne.
Wie schon geschrieben ist der Porzellanfilter eher ein Sieb. Das bedeutet, dass man den Kaffee sehr grob mahlen muss, damit das Pulver nicht durch die Schlitze in die Kanne fällt. Hier muss man etwas experimentieren, bis man einen passenden Mahlgrad gefunden hat.
Eine kleine Grafik zu verschiedenen Mahlgraden je nach Zubereitsungsmethode gibt es bei Coffee-Circle. Mit den Zahlen kann ich zwar nichts anfangen aber man kann den Mahlgrad ja relativ zueinander vergleichen.
Einen minimalen Satz im Kaffee muss man akzeptieren, schließlich hat man keinen mikrofeinen Filter im Einsatz, der alle Schwebestoffe zurück halten könnte. Ich empfinde dies aber nicht als schlimm.
Der Regner-Aufsatz funktioniert gut. Würde man das Wasser direkt auf das Kaffeepulver gießen, könnte man schnell einen Kanal durch das Pulver bekommen. Das würde dazu führen, dass das Wasser zu schnell durchläuft und gar nicht das komplette Pulver genutzt würde. Durch den Regner muss man beim Eingießen des Wassers auf nichts achten, außer dass man nicht zu schnell nachfüllt. Die Empfehlung ist, dass man zunächst eine kleine Menge Wasser in den Regner kippt, etwa eine halbe Tasse, und dann etwas wartet. Das Kaffeepulver quellt dann etwas an und wenn man dann Wasser nachfüllt, durchläuft das Wasser schön gleichmäßig das Pulver ohne Kanäle zu bilden oder am Rand durchzusickern.
Technisch soweit alles prima. Also alles perfekt? Ich wäre nicht der, der ich bin, wenn ich nicht den ein oder anderen Haken finden würde smile
Was man verbessern könnte
Den Filter säubern – Hat man seinen Kaffee aufgegossen, steht man vor der Aufgabe, den Kaffeesatz aus dem Filter zu entsorgen und das ist gar nicht so einfach. Man stülpt den Filter kopfüber ein eine Biomülltüte und einiges fällt von alleine heraus. Man kann den Filter auch etwas gegen die Handfläche klopfen aber am Ende bleibt doch recht viel im Filter zurück.
Da der Filter aus Porzellan ist, möchte man ihn natürlich nicht gegen harte Gegenstände schlagen, um den Satz zu lösen smile Am Ende bleibt nur, den Filter unter dem Wasserhahn auszuspülen. Das funktioniert richtig gut und man bekommt den Kaffeesatz damit auch leicht heraus, allerdings landet dann sehr viel davon in der Küchenspüle und somit im Abfluss. Das möchte man auf Dauer eigentlich nicht – ich weiß nicht, wie schnell so ein Abfluss verstopfen könnte? Vielleicht übersehe ich aber auch etwas ganz einfaches?
Den Deckel halten – Es ist schön, dass der Deckel auf jedes Teil passt. So kann man nach dem Eingießen des Wassers den Deckel auf den Regner oder auf den Filter legen um möglichst viel Wärme in der Kanne zu halten während das Wasser langsam durch den Kaffee läuft. Anschließend legt man den Deckel auf die Kanne aus demselben Grund und natürlich sieht es auf dem Tisch schöner aus.
Allerdings liegt der Deckel nur sehr lose auf der Kanne. Schenkt man sich einen Kaffee ein, so fällt der Deckel sehr schnell von der Kanne wenn man ihn nicht festgehalten hat. Das ist etwas unglücklich gelöst. Ich kenne es von anderen Porzellankannen und Kännchen, dass die Deckel eine kleine Nase haben. Man setzt diese Deckel auf und dreht dann die Nase unter einen schmalen Ring in der Kanne, so dass sich der Deckel bei Schräglage selbst festhalten kann. Das funktioniert vermutlich auch nicht immer perfekt, wäre aber schon deutlich besser als überhaupt kein Rückhaltesystem zu haben.
Dass der Henkel auf einer 90°-Position zur Kannenöffnung angebracht ist, muss ich als Design bewerten. Es ist sehr gewöhnungsbedürftig aber es funktioniert. Ich kann mir allerdings vorstellen, dass das nicht jedermanns Geschmack trifft. Mich persönlich stört es aber nicht.
Und der Geschmack?
Nach langer Vorrede komme ich zum wesentlichen, dem Geschmack. Ist es wirklich ein Unterschied zum Papierfilter? Schmeckt der Kaffee wirklich anders? Schmeckt er besser?
Kurze Antwort: Ja!
Ich wiederhole noch einmal, dass ich absoluter Kaffee-Anfänger bin. Ich hatte bisher noch nicht einmal ein Maß für die Stärke eines Kaffees. Entschuldigt also mein ringen nach Worten wenn ich versuche Euch den Geschmack zu beschreiben.
Was habe ich gemacht? Ich habe eine handelsübliche Kaffeebohne von Tschibo genommen, die hatten wir im Haus, und habe sie gemahlen. Ich habe etwa 9g Kaffeebohnen gemahlen. Einmal habe ich diese Menge in das Porzellansieb gegeben, einmal in einen Papierfilter. Ich habe Wasser aufgekocht und anschließend einen Augenblick abkühlen lassen. Dann habe ich jeweils eine Tasse Kaffee in der Bayreuther Kanne und über den Papierfilter aufgegossen.
Nun probierte ich den Kaffee aus dem Papierfilter. Er schmeckte wie ich Kaffee bisher kannte. Im Grunde heißes Wasser mit einem herb-bitteren Geschmack. Insgesamt eher flach, einfach. Fotografisch würde ich sagen, er schmeckt kontrastarm, unterbelichtet und wirkt fantasielos.
Dann probierte ich den Kaffee aus dem Porzellanfilter. Kein Vergleich. Der Gedanke “heißes Wasser” kam gar nicht erst auf. Ja, er hatte auch diesen herb-bitteren Geschmack am hinteren Gaumen aber da war so viel mehr. Da waren Aromen, die ich sonst nur gerochen hatte wenn Kaffee gemahlen wurde. Insgesamt waren viel mehr Geschmacksnerven in meinem Mund beschäftigt. Ich kann die einzelnen Aromen noch nicht wirklich in Worte fassen aber um wieder zur Fotografie zu kommen würde ich jetzt eher von Kontrasten, von Farbe und Sättigung, von guter Belichtung reden.
Nach einer halben Tasse dachte ich, dass vielleicht alles Einbildung ist und nahm noch einen Schluck aus der Papier-Filter-Tasse. Bäh. Tut mir Leid, aber der schmeckt einfach nach gar nichts. Offenbar sind tatsächlich die ganzen feinen Aromen im Papierfilter hängen geblieben. Ich bin allerdings kein Kaffee-Profi, es kann also auch sein, dass man diesen Unterschied beim Papierfilter ausgleichen kann, indem man eine größere Kaffee-Menge nimmt, das Pulver feiner mahlt etc.
Ich denke aber, dass der Papierfilter an sich schon mehr zurück hält als nur den Kaffeesatz. Vermutlich muss aber auch keine teure Porzellankanne sein. Man bräuchte wahrscheinlich nur ein feines, geschmacksneutrales Sieb und einen dazu passenden Mahlgrad.
Mein Fazit
Wer bisher nur Kaffee mit Papierfilter kennt, oder wer, so wie ich, bisher keinen Kaffee mochte, der sollte wirklich mal einen Kaffee probieren, der ohne Papierfilter zubereitet wurde. Das ist, meiner Meinung nach, etwas ganz anderes. Natürlich wird aus dem Kaffee damit kein Kakao oder Tee, es bleibt Kaffee. Aber er schmeckt so viel voller, aromatischer, …
…Und wem der Kaffee an sich zu herb ist, der braucht nur einen sehr kleinen Schluck Milch in den Kaffee geben, es kann auch Sojamilch sein. Sofort verschwindet die herb-bittere Note komplett. Hier interessieret mich mal, warum das so ist? Da muss doch irgendetwas chemisches passieren?
Am Ende muss ich noch dazu sagen, dass es auch extrem auf die Bohne ankommt! Wem ein Kaffee nicht schmeckt, der sollte eine andere Bohne, also eine andere Sorte ausprobieren. Dank eines Happy-Shooting-Hörers hatte ich 3 Sorten vom Coffee-Circle hier zum ausprobieren. Zwei davon habe ich schon probiert und sie schmecken komplett anders – ich sage besser – als die Tschibo-Bohne – Sie kosten aber auch deutlich mehr wink
Wie soll denn Kaffeepulver die Spüler verstopfen? Denk dran, in die selben Rohre gehen noch ganz andere Sachen.
Mich erinnert das daran, dass früher bei uns auf dem Land wenn viel Besuch kam, Kaffee nicht in der Kaffeemaschine sondern in einem Kochtopf gemacht wurde.
Da kam ein Pfund Kaffee mit x Liter Wasser in einen Topf und ein Ei wurde auch noch aufgeschlagen und dazugetan um die Krümel zu binden.
Und der Kaffee schmeckte den Leuten meist viel Besser als der Maschinenkaffee, es gab ihn aber halt nur in großen Mengen, deswegen nichts für den Alltag.
Aber auch jetzt gibts hier noch Cafes auf dem Land, die ihren Kaffee so machen.
Wow, das hätte ich jetzt nicht so deutlich erwartet.
Seit einiger Zeit verzichte auf Zucker am Kaffee und habe dadurch erst gemerkt was der Zucker so alles an Aroma verdeckt.
Viel Spaß noch beim Rumprobieren.
Ich entsorge meine Kaffeesatzreste schon seit Jahren in den Abfluss und dieser verstopft dadurch nicht. Meine Schwiegermutter meinte, dass Kaffee den Abfluss eher reinigen würde als ihn zu verstopfen. Vielleicht ist da ja wirklich was drann?
Ich habe eine Kaffeekanne von Eva Solo, wo das Pulver auch im Kaffe verbleibt und ein Sieb zu 99% verhindert, dass man es sich in die Tasse schüttet. Anschließend fülle ich die Kanne wieder mit Wasser auf und schütte es in den Kräutergarten. Hat denen zumindest nicht geschadet. Evtl. kannst du ja den Filter in einer Schüssel auswaschen und es auch für Blumen etc. nutzen.
Hallo Boris,
auf deinen ersten Post zur dieser Art der Kaffeezubereitung habe ich lange mit mir gerungen. Schlussendlich habe ich mich aber auch für diese Kanne, Mühle und Kaffee von Coffee Circle entschieden. Ich kann deine Eindrücke nur bestätigen. Nicht nur die manuelle Zubereitung, auch der Geruch und Geschmack ist ein völlig neues Kaffeeerlebnis.
Ein Frage habe ich aber noch an dich. Wieviel Gramm Kaffeebohnen nimmst du (z.B. für eine Tasse à 200ml)?
Gruß Christof
hehe – Da hast Du ja gleich alle Parameter auf einmal verändert :)
Ein gewaltiger Unterschied ist natürlich immer die Bohne. Aber auch dieselbe Bohne einmal mit und einmal ohne Filter zubereitet finde ich wirklich extrem unterschiedlich. Ohne Filter viel voller/intensiver.
Bei der Menge bin ich noch am experimentieren. 8-9g nehme ich derzeit auf eine Tasse (gerechnet mit ca. 200ml). Wenn das zu schwach ist – auch je nach Bohne – gerne mehr, also z.B. 12g. Die Mühle ist bei ca. 30-35g voll. Das reicht dann für eine Kanne (ca. 0,7l) (entspricht etwa 10g für 200ml)
Vielen Dank.
Herzlichen Glückwunsch zur ältesten Erkenntnis des geneigten Kaffeetrinkers. ;) aber sehr schon durchgezogen das Experiment. Zum einen machen die frisch gemahlenen Böhmen sehr viel aus (für fortgeschrittene dann auch deren Sorte) und die brühzeit. Bei normalen Maschinen läuft der Kaffee einfach zu schnell durch.
Es kommt mE immer auf den Aufwand an, den man für guten Kaffee investierten möchte. Im Büro hab ich eine filtermaschine mit mahlwerk, 84° brühpunkt und aktivkohlefilter. Zuhause mach ich meist espresso im espressokocher oder einfach “türkisch” – Kaffee in den Becher und Wasser drauf.
Sehr schöner Bericht, ich selbst verwende die Tassenfilter-Version der Bayreuther/Karlsbader Kanne die dasselbe Ergebnis liefert, aber glücklicherweise etwas günstiger ist. ;)
Jeden Tag experimentiere ich mit Mahlgrad, Wassertemperatur, Wassermenge, Kaffeemenge, wie schnell ich das Wasser nachgieße, ob ich den Wasserstand halten sollte oder das Wasser immer durchlaufen sollte bis gewünschte Menge erreicht ist. Momentan bin ich bei einem grießfeinen Mahlgrad, 24g bei 500ml (sind 2 Tassen bei mir) und einer Temperatur von etwa 92-93°C.
Ich versuche mich auch gerne an den Tipps von Coffee-Circle zu halten, von denen ich auch meinen Kaffee beziehe.